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„These fucking bastards. These fucking Filipino rice monkeys!“ – ich kann nicht glauben, dass ich das gerade gehört habe. Mein Eindruck von den Filipinos ist total positiv. Ich kann aber auch nicht glauben, was ich vor mir sehe: Die Hütte eines Engländers, der seit 6 Jahren auf den Philippinen – und 50m entfernt von unserer eigenen Unterkunft – wohnt, steht in Flammen! Wir gehen an jenem Abend recht früh ins Bett. Ich sag noch: „Irgendwas riecht komisch“, denke aber, dass in der Küche einfach was angebrannt ist, und leg mich hin.
Gegen Mitternacht kreuzt die Feuerwehr auf, es ist schon alles zu spät. Nichts zu retten. Graham und sein Frau können nur noch zusammen mit uns Schaulustigen dastehen und zusehen, wie ihr Hab und Gut verschmort. Sie haben bei uns in der Bar gemütlich was getrunken, während 50m weiter ihre Hütte brennt. Graham scheint sich sicher zu sein, dass das Feuer gelegt wurde. Wir schweigen erst mal. Angeblich, so erzählt er, wollten einige Filipinos schon länger sein Grundstück kaufen, er hat aber verweigert. Und sehr taktvoll tauchen tatsächlich direkt am nächsten Morgen die Interessenten auf und fragen, ob er es denn nun hergibt! Komische Geschichte.
Auf der anderen Seite muss ich sagen, ist es doch wirklich nur eine neue Form von Kolonialisierung, die viele Westler hier betreiben und damit den Zorn der Einheimischen auf sich ziehen. Mit ein paar Euro, Pfund oder Dollar kann man hier so unglaublich viel kaufen! Bis der Filipino so viel gespart hat, ist sein Leben fast vorbei.
Ich war, ehrlich gesagt, entsetzt über den Bau-Boom auf der kleinen Insel Siargao, auf der wir seit dem 10. Januar sind. So viele Franzosen, Italiener, Deutsche, Engländer … alle machen sie ihre Hotels, Cafés und Restaurants auf, und die laufen dann ganz toll, und dann werden mehr gebaut und ruckzuck ist die Insel nicht mehr das, was sie war. Wer profitiert davon? Die Einheimischen? Wir waren entsetzt, als wir im Süden von Siargao ankamen. Wir hatten völlig falsche Erwartungen. Paar Surfhütten, 5 Restaurants, das war’s. Dachten wir. Es sind aber mindestens 50 Restaurants und 100 Hotels. Im Wochentakt werden es mehr! Ätzend! Es blieb uns nur eines …
* * * FLUCHT * * *
Roller gemietet, Insel erkundet, fündig geworden im Norden: der Bamboo Garden. Kaum Nachbarn, wenig los, schöner Strand, biologisch abbaubare Hütte. Wir packen das Moped und ziehen um.

Zwei große Rucksäcke, zwei kleine Wandergitarren, ein Surfbrett und ein Bodyboard UND wir beide selbst auch noch? Nee … ham’s eingesehen. Das geht nicht.

So treten wir die Flucht in den Norden getrennt an. Steffen auf dem Scooter, ich im Tuktuk mit unserem Gepäck.
Idylle! Grün. Reisfelder. NIX los, kaum ist man 1 Stunde Fahrt vom Touri-Hotspot weg. Hier und da ein paar Lichter. Ruhiger Strand, sauberes Meer. Total schön … und abends mal wieder Sterne sehen!

Die Milchstraße nicht ganz so gut erkennbar, wie vor 3 Monaten in Tadschikistan, aber immerhin ein bisschen!

„Bamboo Garden“ in Nord-Siargao, geleitet vom Georg (52) aus St. Pauli und seiner Braut aus Manila (26)
Allerdings bleibt der Tag, an dem wir die Insel ein wenig erkunden, einer der letzten schönen, sonnigen Tage. Es schifft und schifft und schifft.
Alles wird klamm, die Klamotten trocknen nicht mehr, alles müffelt. Nicht so toll. Zum ersten Mal friere ich (da lacht der Wicky jetzt, falls er das liest). Es ist auch nicht der übliche kurze tropische Schauer, sondern wirklich Regen von früh bis spät.

Die paar Wolken hier fanden wir noch richtig schön, im Krokodil-Schutzgebiet im Norden von Siargao. Aber es wurden immer mehr.
Wenn ich ehrlich bin, hatte sich das schlechte Wetter schon bei unserer Ankunft auf den Philipinen angekündigt. Wir sind am 5. Januar gelandet, und zwar nicht in Manila, sondern in Cebu. Sind 4 Tage in dieser Stadt geblieben, weil es einen guten Grund gab: das Wiedersehen mit Radelmann Tobi! Schon in Kasachstan und Tadschikistan haben wir uns gesehen, und nun hat er es über China und Taiwan bis hierher geschafft. Fahrrad immer dabei. Sensationelle Leistung! Und auch schön, dass er in Taiwan den lieben Tim besucht hat – einen alten Freund von mir, der so ne Art „offene WG“ hat [Facebook: Home 2 Community / Radelmann].
Zusammen sind haben wir uns zu diesem Aussichtspunkt fahren lassen und so einen ersten Überblick über die Insellage bekommen. Und auch einen ersten Eindruck von der Wetterlage. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Abends haben wir zusammen in einem der zahlreichen Fastfood-Restaurants gegessen, bevor Tobi dann wieder zu seiner (entfernten) Verwandtschaft geradelt ist.
Steffen und ich sind in Cebu auch noch in einer Karaokebar tätig geworden. Nach 8 Bier haben wir immerhin noch 81 bzw. 86 von 100 Punkten erscort. „You are a very good singer!“, prangte es auf dem Bildschirm. Aber Hallo.

Unser Duett wurde ausgebuht („Ironic“ von Alanis Morrissette), aber solo („Sweet dreams are made of this“ / „Wonderwall“) gab’s netten Applaus.
Tags darauf, am 9. Januar, haben wir die 8-stündige Nachtfähre von Cebu nach Surigao genommen. Sie kam morgens um 3 Uhr an. Dann mussten wir die Fähre wechseln. Und von Surigao ging es dann um 5.30 Uhr weiter nach Siargao. Nochmal 3 Stunden.
Und da waren wir dann vom 10. bis zum 18. Januar zusammen … bis heute.
Weil mir der Regen auf den Keks ging, das Bodyboarden im Monsun nicht so mein Ding ist und ich jetzt einfach tauchen will, bin ich mal eine Insel weiter gefahren. Unter Wasser ist mir ‚grad egal‘, was oben so los ist.
Ich bin also momentan alleine und vogelfrei und schau mal, ob irgendwo hier, ein paar Bootsstunden entfernt, besseres Wetter ist und ob man irgendwo schön tauchen kann.
Falls nicht … hmmm … dann müssen wir vielleicht ganz woanders hin. Es scheint gerade einfach keine gute Wetterlage und irgendwie generell keine gute Zeit hier. Ein Vulkan – der Mount Mayon – ist auch noch ausgebrochen, den wollten wir eigentlich besteigen. 21.000 Menschen sind geflohen. Andere wurden evakuiert. Und von einem Mädel weiß ich, dass sie an Dengue-Fieber erkrankt ist, in Manila.
Zusammen mit dem abgebrannten Haus des Engländers, macht dies die Philippinen zu dem bedrohlichsten Reiseland, in dem wir bisher waren!
Wer hätte das gedacht.