Ich: „Können die Tadschiken eigentlich keine normalen Straßen bauen?“
Steffen: „Dann wäre der Pamir Highway nicht mehr das, was er ist.“
Rückblick: Mentale Vorbereitung auf die zweithöchste Straße der Welt
Wir taten in der letzten Augustwoche gut daran, in der wunderschönen Hauptstadt von Tadschikistan (Duschanbe) ein paar Tage dem Hedonismus zu fröhnen, wohlwissend, dass das, was kommen würde, mit viel Verzicht verbunden sein würde…
Abermals sind wir überrascht, wie freizügig es in einem muslimischen Land zugehen kann. So sexy kommt der Islam leider viel zu selten daher. Steffen ist ganz aus dem Häuschen vor lauter hübschen Frauen. Ebenso aufgrund der 20 Biersorten, die im Supermarkt zu finden sind.
Und dann … ein Aqua Park? Echt jetzt? Ich packe neben Bikini auch den Badeanzug und sogar meine Leggins plus Langarmshirt ein. Im Spaßbad angekommen, zeige ich einer Angestellten meine Kleiderauswahl. Sie lächelt und deutet auf den Bikini. Alles easy.
Der Pamir Highway
Die Tatsache, dass ich erst jetzt ein paar Zeilen schreiben und wie durch ein Wunder auch hochladen kann, ist eine Aussage für sich. Wer in den Pamir Nationalpark fährt, fährt ins Nichts.
Die Straßen verdienen ihren Namen nicht. Der Begriff „Highway“ suggeriert, dass man hier mit 100km/h bei offenem Fenster und wehendem Haar durchs Gebirge fährt und dabei die 7000er ringsum bestaunt.
Die Realität ist, dass JEDES Fahrzeug selten schneller als 50km/h fährt. Dass es staubig ist und die Augen abends brennen. Dass es einen non-stop durchrüttelt. Dass es eher ein car hike als ein road trip ist. Belohnt wird man vor allem mit Stille und Einsamkeit, die wir auch sehr genossen haben. Abgesehen von Begegnungen mit ein paar Hirten und ambitionierten Radlern sind wir oftmals ganz alleine, über Tage und viele hundert Kilometer hinweg.

Langer Anstieg vom Wakhan Valley zum Khargush Pass
Die Fauna ohne Flora
Steffen steht ja auf dieses Nichts. Er ist eher Typ „Wüste/Berg“. Ich bin ja eher Typ „Meer/Insel“. Wasser bedeutet Leben, die Wüste ist für mich tot. Umso schöner, dass hin und wieder ein paar Yaks um uns herumschleichen!!!

Yaks am Bulunkul See auf 3737m
2 Tage in einem noch mehr abgelegenen Dorf
Wir wollten auch mal in einem Jeep fahren und haben uns einen ortskundigen Fahrer samt Jeep gemietet, um in einem Dorf, wo noch mehr Nichts ist, bei einer Familie zu übernachten. Rauh geht es zu. Totes Tier überall. Pferdefüße, Yakschädel, Kieferknochen. Die Stimmung ist frostig.

Toter Yak, durch dessen Hörner man nach Afghanistan schauen kann.
Die Familie ist jedoch superfreundlich und bekocht uns lecker. Abends Suppe mit Kartoffeln, Möhren und Nudeln. Morgens leicht salzigen Milchreis, den wir mit einer guten Portion Zucker pimpen.

Übernachtung bei der Familie, die vielleicht den Yak oben geschlachtet hat.
Unser Fahrer Alimkaza ist ein liebenswerter Narkoleptiker. Wie er es schafft, auf diesen Wellblechstraßen fast am Steuer einzunicken, ist uns ein Rätsel. Irgendwann muss er auf’s Klo. Im Außenspiegel sehe ich, wie er in die Steinwüste kackt und dabei sein Kopf mehrfach auf die Knie fällt. Wir überzeugen ihn, dass Steffen besser fährt, auch wenn das nicht abgemacht war und eigentlich nicht erlaubt ist. Er willigt ein.
Steffen passt seine Fahrweise auch dem 3. Fahrgast an, der auf dem Dach mitfährt und mit dem wir sehr viel Mitleid haben. Es ist Alimkazas Abendessen. Ma, das Schaf.

Das Abendessen unseres Fahrers hat die 4-stündige Off-Road-Fahrt überlebt, kommt aber eh bald in den Topf.
Wir verlassen den tadschikischen Teil des Pamir Highway
Am Donnerstag, den 14. September, überqueren wir den letzten, hohen Pass auf 4655m. Unser Ducato macht anstandslos mit. Wenig später passieren wir den Grenzposten, der abermals besetzt ist von Volldeppen, die vermutlich hierher zwangsversetzt wurden, und reisen nach Kirgisistan ein…

Von Khorog in Tadschikistan nach Osh in Kirgisien, Kirgistan oder Kirgisistan.