Als das letzte Boot gegen 15 Uhr von der Insel ablegt, schauen wir ihm noch eine Weile nach, bis es am Horizont verschwindet. Endlich sind alle anderen weg. Und zwar wirklich alle! Zurück bleiben 6 Filipinos, die hier leben, und wir. Kein anderer Tourist bleibt über Nacht mit uns hier auf „Banana Island“ – obwohl es ein paar Hütten zu mieten gibt. Wie kann das sein?

Ruhe kehrt ein auf Banana Island, nachdem die Tagestouristen endlich weg sind.
Die Sonne geht langsam unter, wir setzen uns an den feinen, weißen Strand. Unendlich viele Schwärme von kleinen, silbernen Fischen springen aus dem Wasser und wieder hinein. Wir schwimmen zu einer Plattform raus und staunen über das kristallklare Wasser unter uns, sehen Löwenfische, Riesenmuscheln und vieles mehr. Ein paar einheimische Jungs fahren mit ihrem Boot vorbei, laden ein paar Kokosnüsse ab und amüsieren sich über unser zweisames Dasein auf der Plattform. Sie sind den Anblick großer Gruppen gewohnt, aber nicht diesen.

Die kleine Plattform am Westufer von Banana Island
Als es dunkel wird, dürfen wir uns in der Küche der freundlichen Filipinos Wasser heiß machen, für unsere Instant-Nudeln, denn ein Restaurant gibt es hier nicht. Wir sind Selbstversorger. Sind mit 8 Liter Frischwasser sowie Haferflocken, H-Milch, Obst, Keksen und dergleichen angereist und haben uns auf dieser Insel aussetzen lassen.
Am nächsten Morgen stehen wir bei Sonnenaufgang auf und schnorcheln ganz alleine das riesige Korallenriff ab, nur ein paar Fischer sind auch schon unterwegs. Gegen 11 Uhr werden die nächsten Touristen ankommen. Wir haben nur 20 Stunden hier – aber von denen genießen wir wirklich jede Minute, sie sind das, was wir viele Wochen gesucht, aber erst ganz am Ende gefunden haben.
Der hier vorherrschende Tourismus hat uns ganz und gar nicht zugesagt. Das ist auch der Grund, warum ich mich erst jetzt melde – ich wusste schlichtweg nicht, was ich schreiben sollte. Alles schien so uninteressant … Da wir ziemlich viele Stationen hatten, werde ich jetzt einfach chronologisch schildern, wie es uns wo ergangen ist.
Die Stadt Cebu (6. – 9. Januar) … gefällt uns eigentlich ganz gut, besonders der Abend in der versifften Karaokebar, bleibt eines der wenigen authentischen „philippinischen“ Erlebnisse.
Die Insel Siargao (10. – 18. Januar)… haben wir völlig falsch eingeschätzt. Neo-Kolonialimus herrscht vor, es gibt mehr Pasta und Burger, als anderes Essen. Und mehr Touristen, als Einheimische (siehe letzter Blogeintrag). Rückblickend werden wir aber nach 7 Wochen erkennen, das Siargao gar nicht so schlecht abgeschnitten hat und tatsächlich zu den entspannteren Orten gehört! Das Wetter ist eine Katastrophe. Dauerregen.
Weiterfahrt mit Schiff und Bus durch Mindanao (19. – 20. Januar) … war super! Kein weißes Gesicht unterwegs, allein als Tourist auf dem Schiff und im Bus, nette Gespräche mit den Einheimischen. Ich statte mich mit neuem Regencape und -schirm aus, weil meine Regenjacke mittlerweile im Rucksack Schimmel angesetzt hatte.

5 von 7 Wochen mein tägliches Outfit auf den Philippinen
Die Insel Camiguin (20. – 26. Januar) … strahlt Ruhe aus. Es ist wenig los, allerdings fehlt es auch an schönen Badestränden (Vulkaninsel, schwarzer Sand). Dennoch erlebe ich hier unter Wasser ein unfassbar schönes Korallenriff. Mir schwant, ich habe zuvor noch nie ein intaktes Riff gesehen und flippe unter Wasser völlig aus. Ich tauche durch einen überdimensionalen, psychedelisch anmutenden Blumenladen, der Formen und Farben aller Art zur Schau stellt. Oberknaller!!!
Sonstige Aktivitäten sind mäßig vorhanden. Lächerliche Wasserfälle und heiße Quellen werden als „Attraktion“ verkauft, für die man Eintritt bezahlen muss. Der Name „The Island Born of Fire“, den sich ein gewiefter philippinischer Tourismusminister ausgedacht haben muss, klingt dramatischer, als es ist. Steffen besteigt am einzigen sonnigen Tag mit einem Guide und drei anderen zusammen den höchsten Vulkan. Das anhaltend regnerische Wetter schlägt uns langsam auf’s Gemüt.

Der höchste Vulkan auf Camiguin
Die Insel Bohol (26. – 30. Januar) … bietet im Inneren recht viel Dschungel. Wir buchen also eine Hütte genau dort und erfahren, dass man sie am besten über den Loboc River mit dem Boot erreichen kann.

Der Loboc River auf Bohol
An der Bootsanlegestelle warten wir auf unseren Bootsmann. Plötzlich fährt ein größeres Boot vorbei, mit vielen Touristen an Esstischen darauf. Ein drittklassiger Alleinunterhalter macht Musik. Ich finde es lustig. Noch. Als wir in unserer Dschungelunterkunft ankommen, stellt sich heraus, dass die Boote jeden Tag den Fluss rauf und runter schippern, als ‚floating restaurants‘, richtig schön laut. Schlechte Musik und Motorengeräusche statt Dschungelsound. Ein Alptraum für uns. Wenigstens geht das ganze nur von 11 bis 16 Uhr. Trotzdem sind wir entsetzt, dass es diese Touren überhaupt gibt. Wäre es nicht stilechter, mit einem Kanu hier durchzurudern?
Eine weitere Enttäuschung ist die „Glühwürmchen-Tour“. Im Reiseführer stand, dass ein Typ uns hier zu Glühwürmchen führen kann. Ich dachte, das ist einer, der halt weiß, wo sie sich verstecken. Dass man ein bisschen durch die Gegend läuft und sie dann findet. Weit gefehlt! Mit lauten Booten werden Scharen von Touristen jeden Abend durch die Mangroven gefahren, um die Glühwürmchen zu sehen. Auch das hatten wir uns anders vorgestellt. Selbstverständlich machen wir den Scheiß nicht mit.
Ein winziges Highlight gab es auf Bohol aber doch: der niedliche Koboldmaki! In einem Schutzgebiet im Wald kann man den kleinen Primaten bestaunen. Wenigstens etwas.

Dieser Koboldmaki hat auch ein bisschen Regen abbekommen …

… und der hier ist ein bisschen schüchtern.
Bohol wurde in ein Ziel für den abenteuerscheuen, unselbstständigen Touristen verwandelt, der sich gerne Gruppen anschließt, irgendwo abgeholt wird, die Aktivität hinter sich bringt, und dann wieder am Hotel abgesetzt wird. Überall steigen Touristenmassen aus Bussen aus und wieder ein. Wir fetzen mit dem Roller über die Insel, sind schockiert, schämen uns fast, dass wir mittendrin sind.

Warnschild auf Bohol. Das sagt eigentlich alles …
Den Tiefpunkt erreicht unsere Stimmung, als wir mit dem Roller am „Alona Beach“ stoppen. Ein weiterer Alptraum. Ballermann-Verschnitt. Hässliche Bars, aus denen schlechte Musik dringt, sonnenverbrannte Urlauber, mittelmäßiges westliches Essen … und 50 Boote direkt am Strand, die darauf warten, täglich 500 -1000 Taucher unters Wasser zu befördern. Chinesen und Koreaner allen voran.
Ja … natürlich gibt es auch auf Bohol noch „unentdeckte Strände“, aber allein zu wissen, dass wenige Kilometer weiter der Urlaubsmob wohnt, schmälert den Genuss. Da auch der Regen weiterhin anhält, beschliessen wir, sehr weit hoch in den Norden der Philippinen zu fahren, um das „Achte Weltwunder“ zu sehen.
Die Höhlen und Hängenden Särge von Sagada (31. Jan. – 2. Feb.) … sind 10 Stunden mit dem Bus von Manila entfernt. Wir hoffen, dass die lange Anfahrt in diese „Gebirgsregion“ den einen oder anderen Touristen abschreckt. Weitgehend ist es auch so. In Sagada gefällt es uns ganz gut. Es ist kühl, die Häuser ähneln von innen Blockhütten, und da die Filipinos gerne amerikanische Country-Musik hören, kommen wir uns vor, wie in Kanada.
Wir machen eine Höhlenwanderung, die sich als Riesenspaß entpuppt und uns sehr gut gefällt. Die Höhle ist gigantisch, gar kathedralenartig und schwer zugänglich, der Guide in diesem Fall absolut notwendig. Oft müssen wir uns Fuß voraus durch enge Löcher zwängen, an Seilen senkrechte Wände hochklettern, auf allen Vieren krabbeln oder durch tiefe Flüsse und unterirdische Seen waten. Sehr empfehlenswert! Es sind auch hier einige, große Gruppen asiatischer Touristen unterwegs – allerdings deutlich langsamer, als wir, so dass wir die Höhlenatmosphäre die meiste Zeit in Ruhe aufnehmen können.
Weniger freut uns an Sagada, dass wir für den kleinen Spaziergang zu den ‚Hängenden Särgen‘ ebenfalls wieder einen Guide nehmen müssen. Angeblich sei Vandalismus vorgekommen, und ein Tourist sei abgestürzt. Bei den Touristen, die ich hier sehe, glaube ich das sogar. Trotzdem nervt’s.

Man glaubt hier in Sagada, dass die Toten so noch ein bisschen die frische Bergluft und die Sonne genießen können und hängt die Särge an die Felswand. Sie sind so klein, weil man die Toten in Embryonalstellung bestattet.
Die Reisterrassen der Ifuago in Batad (3. – 7. Februar) …gelten als „Achtes Weltwunder“ und sind UNESCO Weltkulturerbe. Sie sind nur zu Fuß erreichbar. Noch. Straße ist im Bau. Es sind angenehme Mitreisende hier, die gern in der Natur sind. Nur hier und da verrirrt sich eine Touristin mit Plateau-Schuhen und Rollköfferchen auf den steilen Pfaden, aber da muss sie nun halt durch.
„Ramon’s Homestay“ ist urig, hat eine Veranda direkt über den beeindruckenden Reisterrassen. Mitreisende schauen uns zwar mit fragenden Augen an, warum wir hier ganze 4 Tage bleiben, aber daran haben wir uns schon gewöhnt. Genießer sind hier kaum unterwegs. Es geht mehr um anschauen, Foto machen, Selfie machen, weiterreisen.

Aussichtspunkt 1 über die gigantischen Reisterrassen der Ifuago
Was uns stört, ist die Tatsache, dass man selbst für lächerliche Spaziergänge durch die Reisterrassen oder zu Wasserfällen einen Guide buchen muss. Jeder 5.-Klässler würde diese „Wanderung“ bewältigen können. Am ersten Tag fügen wir uns noch, aber am zweiten ziehen wir einfach ohne Guide los.

Aussichtspunkt 2 (zu dem wir alleine und ohne Guide marschieren)
Ja, natürlich ist es eine schöne Einnahmequelle für die Guides, aber ich würde ihm eher 10 Dollar in die Hand drücken, damit er mich alleine gehen lässt. Hinzukommt, dass es mittlerweile mehr Guides hier als Reisbauern gibt und so einige Felder nicht mehr bewirtschaftet werden können. Das Ende vom Lied wird sein, dass die UNESCO diesem Ort den Status als „Weltkulturerbe“ aberkennt, weil die Reisfelder verschwunden sein werden.
Pandan Island (8. – 12. Februar) … ist für mich in erster Linie der Ausgangspunkt für Tauchgänge am Apo Reef, das weitere 2 Bootsstunden entfernt liegt. Die Anfahrt nach Pandan Island führt über die große Insel Mindoro. Hier trifft man kaum andere Reisende, das gefällt uns sehr gut. Pandan ist auch eher unbekannt, hier gibt es nur ein ‚Resort‘, das aber durchaus erschwinglich ist und sehr ruhig ist. Von hier aus mache ich am Apo Reef den bisher besten Tauchgang meines Lebens. So klares Wasser! Wie Trinkwasser. Viele, viele Haie, darunter auch ein Hammerhai, gibt es zu sehen.
Busuanga/Palawan (13. – 15. Februar) … erreichen wir per Schiff von Mindoro aus. Von Busuanga bzw. dem Städtchen Coron Town aus, kann man in den Calamian Island Archipel schippern. Das Problem ist nur, dass Taifunwarnungen herausgegeben worden sind und die Küstenwache keine Boote auslaufen lässt. Wir sitzen 3 Tage fest, bevor dann doch die „Tour A“ starten darf, weil sie nur bis zur nächsten kleinen Insel geht: Coron Island.

Anlegestelle auf Coron Island. Klar ist das hübsch und sehenswert, aber als wir eine halbe Stunde zurück zum Boot kommen, hat sich die Zahl der Ausflugsboote verdreifacht!

Wir fühlen uns gedemütigt, diese Schwimmwesten tragen zu müssen. Und der Witz, den unser lustiger Tourguide gemacht hat, nämlich dass der See zu 85% aus Süßwasser, 10% aus Salzwasser und 5% aus Urin bestehe, ist vermutlich keiner.
Die Island Escapade Tour in den Calamian Islands (16. – 17. Februar) … nutzen wir, indem wir uns mit der einen Tour absetzen lassen und uns mit der anderen Tour am Folgetag wieder mitnehmen lassen. Der Versuch, einen privaten Bootsmann anzuheuern, missglückte aufgrund der besagten Taifunwarnung. Nur große Boote durften raus.

Bulong Dos Island ist der erste Stop auf der Insel Escapade Tour. Im 10-Minuten-Takt legen hier Ausflugsboote an und ab. Der perfekte Ort zum Entspannen.

Banana Island ist der zweite Stop auf der Tour. Hier lassen wir uns aussetzen. Es ist wunderschön … (siehe Einleitung oben)

Am Folgetag werden wir wieder eingesammelt und steuern noch den dritten Stop an: Malpacua Island. Ebenfalls ein Traum … oder ein Alptraum?
Claudi alleine auf Busuanga (18. – 22. Februar) … weil Steffen mittlerweile in Richtung Australien zum Windsurfen unterwegs ist. Ich mache meinen längst überfälligen Advanced Open Water Diver Course, bestehe ihn auch, und kann nun beruhigt zu meinem nächsten Tauch-Ziel fliegen, das etwa 800km östlich der Philippinen liegt: Palau in Mikronesien. Vor unserer Abreise stand schon fest, dass ich dorthin gehen werde, und da es dort außer Tauchen kaum etwas zu tun gibt (und es zudem ziemlich teuer ist), hielten wir es für klüger, wenn jeder mal seinem Hobby etwas intensiver nachgeht … für ein paar Wochen.
Manila (22. – 23. Februar) … gefällt mir eigentlich ganz gut. Es ist authentisch, zeigt Reichtum wie Armut, Schönheit wie Dreck. Fast möchte ich sagen, dass ich hier gerne mehr Zeit verbracht hätte, aber den Flug heute Nacht nach Mikronesien möchte ich dann doch nicht verpassen.

Das LUB D. Hostel in Manila ist der Wahnsinn. Fühle mich eher wie in einem Designerhotel. Hier der Ausblick von meinem Zimmer im 9. Stock.
Alles in allem, waren es also nicht Land & Leute, die uns missfallen haben, sondern die sehr speziellen Touristen hier. Die Filipinos sind ein saucooler Haufen, sie sind so was von entspannt, lustig, hilfsbereit und respektvoll, man muss sie einfach gernhaben. Sie wären ein Grund, wieder zu kommen. Auch das Land ist eine wahre Schönheit. Die Natur ist intakt, die Unterwasserwelt der Wahnsinn, Umweltverschmutzung hält sich in Grenzen. Noch.
Ich denke, der Kontrast zwischen all den Ländern, die bereits hinter uns liegen, und diesem hier, war eben besonders krass. Spannend war das hier nicht. Es war einfach zu reisen, weil Englisch gesprochen wird. Die Religion war wenig faszinierend, weil vertraut. Das wirklich „Fremde“ hat gefehlt, aber das scheinen die meisten Reisenden, die hier sind, auch gar nicht zu suchen. Uns hat der Zirkus hier gelangweilt.
Ich komme zu dem Schluss, dass das hier einfach ein prima Urlaubsland ist, für jemanden, der sich um nichts kümmern möchte, gerne einem Guide hinterhertrottet und gerne vorgeschlagenen Aktivitäten folgt. Aber für uns … war’s irgendwie nix. Wir hatten einfach völlig falsche Erwartungen von den Philippinen, dachten, sie seien noch etwas unentdeckter und ursprünglicher.
Vielleicht hätten wir mehr Zeit an anderen Orten verbringen sollen … aber die Philippinen sind riesig und haben die Form eines explodierten Puzzles … wo also findet man die? Für Tipps sind wir jederzeit dankbar, dann kriegen die Philippinen vielleicht noch eine zweite Chance. Verdient hätten sie es.